Donnerstag, 18. April 2024

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Versorgungssituation: Behandlung im Keller, Therapiegespräch zwischen Tür und Angel

 

"Die Versorgung ist schlecht"

Patientinnen mit Brustkrebs leiden immer noch unter den Defiziten in der medizinischen Versorgung. Und diese betreffen nicht nur Diagnose und Therapie, sondern genauso die psychiologische Betreuung Erkrankter. Deshalb raten Experten Frauen mit Brustkrebs, sich nur bei einem Spezialisten in die Behandlung zu begeben.

"Die Versorgung bei Brustkrebs ist in Deutschland schlecht," bemängelt Hilde Schulte, Bundesvorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs. "Diese Erfahrung habe nicht nur ich gemacht, sondern auch die Mitglieder der Frauenselbsthilfe bundesweit." Diesen negativen Befund stellen die Betroffenen der gesamten Versorgungskette aus.

Die strukturellen Schwachstellen bei der Behandlung von Brustkrebs hat eine Studie der Deutschen Krebshilfe aufgedeckt. Strahlentherapie im düsteren Keller, Brustprothesenkauf im Hinterzimmer, Therapiegespräche zwischen Tür und Angel, Informationen, die gar nicht oder zu spät gegeben werden und widersprüchliche Aussagen, die zur Verunsicherung führen - das was manche Frauen im Verlauf ihrer Erkrankung erleben, ist zum Teil unterträglich. Nach dem Schock der Diagnose beginnt für viele Betroffene nicht selten der Schrecken des Weges durch den Medizinbetrieb. So urteilt die Krebshilfe.

Wie defizitär die Versorgung wirklich ist, betont auch Wilfried Jacobs, Vorstandmitglied der Krebshilfe. So kritisiert er, dass derzeit keine flächendeckend umgesetzten Qualitätsleitlinien existieren. Und die, die es für Teilbereiche bereits gibt, befinden sich noch in unterschiedlichen Entwicklungsstufen und "haben noch nicht durchgängig den Weg in die Praxis gefunden". Zu beklagen ist zudem, dass zwischen Versorgungsstufen ambulant und stationär genauso wie zwischen den einzelnen Behandlern "Schnittstellenprobleme" bestehen.

Die Studie der Krebshilfe fand darüber hinaus heraus, dass es vor allem an psycho-sozialer Versorgung mangelt. 61 Prozent der befragten Frauen gaben an, dass sie Angst vor dem Auftreten von Rezidiven haben. 28 Prozent sagten, dass sie Angst vor dem Tode hätten. Doch nur ein Drittel dieser Frauen hat schon einmal psycho-soziale Beratung in Anspruch genommen. Nur etwa die Hälfte der Frauen ist darüber informiert, dass es so etwas überhaupt gibt. Die Frauen kritisieren, dass es vielen Ärzten an Einfühlungsvermögen fehle und dass sich viel zu wenig Zeit für notwendige Gespräche nehmen würden.

Experten zufolge sind viele Kliniken und Praxen mit der Behandlung auch überfordert. Deshalb ist die Versorgung kranker Frauen stark optimierungsbedürftig, sagte der Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, Prof. Klaus Höffken. Länder wie England oder Island verzeichneten weit bessere Heilungschancen. Nach Auffassung Höffkens werden noch zu viele Brustkrebspatientinnen in Kliniken und Praxen behandelt, die zu wenig Erfahrung mit der Erkrankung haben.

Dass eine interdisziplinäre Zusammenarbeit aller beteiligten Ärzte und Therapeuten die Sterberate um 18 Prozent senken kann, weiß Prof. Diethelm Wallwiener, Universitätsfrauenklinik Tübingen. Seiner Ansicht nach spielen Brustzentren künftig die entscheidende Rolle in der Behandlung. Denn nur dort gewährleisten Qualifikation, Zusammenarbeit, spezielle Kenntnisse und Erfahrungen in Diagnostik sowie Therapie, leitlinienorientiertes Vorgehen, psycho-soziale Betreuung und Qualitätsmanagement eine bestmögliche Versorgung.

WANC 03.04/Krebskongress


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